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Wiking-Mannen vor der Holzbaracke
Rudervereinigung bekommt historische Aufnahme geschenkt und sucht jetzt nach Hinweisen
Wurzen. Harald Dögnitz und sein Déjà-vu: Ende des Vorjahrs sorgte Kommissar Zufall für einen historischen Schatz. Damals im Oktober schickte der Berliner Polizeibeamte Lutz Sander dem Vorstandsvize der Wurzener Rudervereinigung Schwarz-Gelb sechs Pokale - allesamt über 100 Jahre alt und mit Gravur, die ohne Wenn und Aber nach Wurzen an die Mulde führten (die LVZ berichtete). Jene Trophäen gelangten über familiäre Querverbindungen in Besitz von Sander, der per E-Mail den Kontakt zum Schmiedemeister herstellte. Dögnitz biss an und erwarb die Zinngefäße zum symbolischen Preis aus eigener Börse und fürs Traditionszimmer im Bootshaus Schmölen.
Nur wenige Monate später steht dem Deubener wieder einmal die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Hierfür sorgte diesmal René Schrödel aus [Ort]. Er fand in seinem Haushalt ein zerbrochenes Glasnegativ, auf dem das Domizil des Wurzener Ruderclubs Wiking inklusive einiger Protagonisten zu sehen ist. Schrödel googelte im Netz und fand die Adresse von Schwarz-Gelb. "Natürlich haben wir uns über das Geschenk sehr gefreut", erinnert sich Dögnitz an die Episode. Sogleich ging er in die Spur, suchte jemanden, der das Dia entwickeln konnte. Als Helfer in der Not bot sich der Wurzener Rechtsanwalt und Hobbyfotograf Jürgen Meusel an. Die Früchte seiner Arbeit hält der Vereinsvize jetzt in der Hand und staunt nicht schlecht. "Die Baracke auf dem Foto", vermutet Dögnitz, "stand einst auf Wurzener Seite und musste 1925 dem Kanalbau weichen." Insofern stamme die Aufnahme aus den 20er-Jahren, fügt er an und ist sich dennoch nicht ganz sicher. Immerhin weiß Dögnitz anhand der Vereinsannalen zu berichten, dass Wiking als Abspaltung des Rudervereins Saxonia im Jahr 1922 gegründet wurde und die Baracke nach 1925 auf Schmölener Seite eine neue Heimstatt fand. "Das 1926 in Holzbauweise errichtete Gebäude wurde ins heutige Bootshaus integriert." Allerdings vernichtete die Flut 2002 nicht nur die Reste des Wiking-Domizils, sondern richtete immensen Schaden am 1978 übergebenen Neubau mit Bootshallen, Wasch- und Duschräumen, Übernachtungsmöglichkeiten, Hausmeisterwohnung sowie Gaststätte an. "Leider gestaltet sich das Nachforschen auch deswegen schwer, weil 1960 bei einem Einbruch in Schmölen viele Dokumente verschwanden." Daher setzt Dögnitz seine ganze Hoffnung auf Hinweise von Lesern. "Vielleicht kann uns irgend jemand etwas zu dem Foto sagen und ebenso zu den Personen, die darauf zu sehen sind." Über jeden Tipp wäre der Vorstand dankbar, allein schon um die traditionsreiche Geschichte des Wurzener Rudersports zu vervollständigen, fügt Dögnitz an.
Hinweise zum Foto oder den Personen nimmt Dögnitz ab sofort unter Tel. 03425 816903 (ab 18 Uhr) entgegen.
Rudergeschichte
Das Geburtsjahr des Wurzener Rudersport ist 1889; die Geburtsstätte war am Mühlgraben neben der Brücke über die heutige Bundesstraße 6 und damit unterhalb der damaligen Krietschvilla. Jungmitglieder eines Männerturnvereins gründeten seinerzeit nach dem Kauf eines sechsrudrigen Gigbootes vom Mannheimer Ruderverein das erste Bündnis. Nach und nach entstanden vier Vereine - die Wurzener Rudergesellschaft, der Ruderklub Möwe Schwarz-Gelb, der Ruderverein Saxonia Wurzen sowie der Wurzener Ruderclub Wiking. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben lediglich zwei aktive Vereine übrig: im Bootshaus Damaschkestraße die Sektion Rudern der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Konsum Wurzen und später der die BSG Motor Nord Wurzen sowie im Bootshaus Schmölen die Sportgemeinschaft Bennewitz, später die Sektion Rudern der BSG Fortschritt Wurzen. Beide Sektionen vereinigten sich 1981 in den Farben Schwarz-Gelb. Übrigens wurden am Mühlgraben drei Bootshäuser gebaut und zwar 1890 von Rot-Weiß, 1903 vom Gymnasial-Ruderclub und 1905 von Saxonia. Die Saxonia-Heimstätte musste jedoch abgerissen werden. Da 1925 aufgrund des Kanalbaus der Mühlgraben geschlossen wurde errichteten alle Vereine ihre Häuser oberhalb des Neumühlenwehres. Saxonia fand Platz am Eingang zur Dehnitzer Lache, der 1922 gegründete Ruderclub Wiking am Eingang zur Schmölener Lache.
Aus der Leipziger Volkszeitung/Muldentalzeitung vom 04. Juni 2014